Visionäre Kommunalpolitik: Von Groß-Frankfurt zum „Neuen Frankfurt“

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Hinter den Aktivitäten und Planungen dieser Weimarer Jahre scheint ein bemerkenswertes Bild von Frankfurt auf, das noch weit mehr als bloß ein modernes Image für die Stadt zu liefern, tatsächlich eine markante politische Stellungnahme bedeutete: Unter Verweis auf seine demokratische Traditionslinie wurde Frankfurt als „westlich“ konnotiert. Besondere Betonung seitens der Stadt erfuhren internationale Verbindungen und die historischen Kontakte mit den USA. Es findet sich aus dem Umfeld Landmanns auch der damals von einem großen Teil des politischen Spektrums negativ besetzte Begriff des „Kosmopolitischen“ in positiven Bezug auf Frankfurt. Das war der Kontext für Überlegungen, 1931/32 im ehemaligen Thurn und Taxischen Bundespalais ein Museum der Republik einzurichten, die Paulskirche zum Nationaldenkmal umzuwidmen, und den 200. Geburtstag von George Washington für Feierlichkeiten aufzugreifen – im Historischen Museum lief 1926 bereits eine Ausstellung über „Frankfurts Beziehungen zu Amerika“. Diese Projekte konnten wie vieles andere Vielversprechende dieser Ära in der Weltwirtschaftskrise nicht mehr verwirklicht werden, ihre Umsetzung hätte in der Weimarer Republik eine markante Ausstrahlung gehabt. Die letzte große kulturpolitische Manifestation der Stadt in der Ära Landmann, die Feierlichkeiten zum Goethejahr 1932 – darunter eine Tagung des Ständigen Ausschusses für Literatur und Kunst des Völkerbundes in der Oper –, wurde bereits von der Agonie der Republik überschattet. Bei mehr als einer der repräsentativen Veranstaltungen, Tagungen und Preisverleihungen bestimmten Krisenmeldungen aus Berlin die Diskussion oder brachten Festgäste zur vorzeitigen Abreise.

Das Ende des „Neuen Frankfurt“ wie der Hoffnungen, die sich auf die Stadt als Zentrum eines richtungsweisenden, westdeutschen Ballungsraumes konzentrierten, trat 1929/30 so abrupt ein, wie 1925/26 die Wucht der Bauprogramme und Gestaltungsideen eingesetzt hatte. Die Wirtschaftskrise mit dem Austrocken des Marktes für Auslandsanleihen ließen der Stadt und den Planern um May keinen Spielraum mehr. Hinzu trat die politische und ideologische Polarisierung. …

in: Evelyn Brockhoff, Christina Gräwe, Ulrike May, Claudia Quiring, Jörg Schilling und Wolfgang Voigt (Hrsg.), Akteure des Neuen Frankfurt. Biografien aus Architektur, Politik und Kultur, Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst“, Bd. 75, Frankfurt am Main 2016.